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SNF-Forschungsprojekt, Laufzeit 2021–2024, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kulturforschung Graubünden ikg
Projektleitende: Prof. Dr. Rico Valär (UZH) und Dr. Cordula Seger (ikg). In Kooperation mit Dr. Annetta Ganzoni, Schweizerisches Literaturarchiv (SLA).
Der kulturelle Wandel nach 1945 im mehrsprachigen alpinen Raum Graubündens war enorm: Eine zu weiten Teilen bäuerlich geprägte Gesellschaft erfuhr grundlegende gesellschaftliche, technische, ökonomische und kulturelle Umwälzungen. Das Forschungsprojekt untersucht, wie diese Veränderungen im Zeitraum von 1945 bis 1990 in und mit den deutschen, italienischen und rätoromanischen Literaturen versprachlicht, diskutiert und verarbeitet wurden.
Die Untersuchung erfolgt anhand eines mehrsprachigen Textkorpus, wobei nicht nur Bücher berücksichtig werden, sondern auch Texte aus Kalendern, Jahrbüchern oder Zeitschriften, in welchen sich weniger etablierte Stimmen äussern konnten. Auf dieser Grundlage werden vier zentrale Fragestellungen bearbeitet:
1. Welches sind die Bedingungen und Gegebenheiten des Bündner Literaturbetriebs nach 1945, welche Strukturen und Publikationsmöglichkeiten gibt es, welche sprachpolitischen Zielsetzungen und Moralvorstellungen prägen die literarische Produktion und Rezeption?
2. Welche Strategien verfolgen Autorinnen und Autoren im Umgang mit Spracherfahrungen, Mehrsprachigkeit und sprachlicher Zugehörigkeit bei biografischem Erzählen? Und wie gehen Autorinnen und Autoren mit den Begrenzungen eines gesellschaftlichen Mikrokosmos um, in welchem alle alle kennen?
3. Welche Konsequenzen hat der gesellschaftliche Wandel für die Konzeptionen von Geschlecht, Familie und Generation im ländlichen Raum, wie werden entsprechende Traditionen, Brüche und Konflikte literarisch verarbeitet oder auch zugespitzt und vorweggenommen?
4. Wie wird der Wandel Graubündens in der literarischen Aussenperspektive, d.h. in den zahlreichen literarischen Texten von Autorinnen und Autoren, die sich in Graubünden aufhalten oder Graubünden als Schauplatz wählen, dargestellt und reflektiert und wie beschreiben ansässige Autorinnen und Autoren Erfahrungen des Fremdseins?
Mit seinem vergleichenden mehrsprachigen Ansatz versteht sich das Forschungsprojekt als Beitrag zu einer Schweizer Literaturgeschichte, die die unterschiedlichen, für die Schweiz so prägenden Sprach- und Kulturräume nicht als ein loses Nebeneinander, sondern als ein In- und Miteinander begreift.
Detaillierte Informationen zu den Teilprojekten finden Sie hier (PDF, 239 KB)