Montanus

Ein koch stillet seins herren zorn mit einer enifeltigen red

Cap. 77 (79)

In der wirdigen statt Florentz wonet ein reicher edelman mit nammen Cunrad Granfigliari. Der selbig, allweg zu Florentz für ein weysen und redlichen mann gehalten was, dabey milt, ein herlichen hoff nach ritterlicher gewonheit hielt; von falcken, habichen und sperbern er grosse freud hett; andere adeliche werck, die er trib, vil zu lang zuerzelen weren. Der selbig herr hett eins tags mit seinem falcken ein krach gefangen, jung und faist, und ihn bald seinem koch, Ciphibio genant, gab und ihm bevalhe, das er ihn auf das nachtma1 briete und zubereltet und allen fleiss thet, damit er gut würde. Da es nnn zeit war, der koch den kranch zu dem fewr thet; und als er schier fertig ward, ein solchen geschmack gab, das das gantz hauss darvon schmacket.

In dem begab sich, das des kochs bul in das hauss kam, die vileicht den kranch geschmack hett, und zu dem koch, ihrem bulen, sprach: "Ciphibio, gib mir auch ein diech von dem kranch!" - "Nein warlich, Iiebe Bruneta", sprach der koch, ich ttu es nit". Dann wann der kranach auf den tisch kem und nur ein bein hette, so beschiss mich der teufel unnd gebe mir der hberr urlaub. Was wolt ich dann anfahen? Darunb gib ich dir keins." - "Wolan", sprach Bruneta, "gibstu mir dann keins, so seye dir zugesagt, das du mein leib nimmermehr beschlaffen [solt]". Also gar mancherley red beydenthalben triben. Doch damit der koch sein feines 1ieb nicht erzürnet, schnitt er ein diech vonn dem kranch und gabs Bruneta.

Da nun zeit was, das man zu nacht essen solt, der koch den kranch für den herren und seine gest, deren er vil darzu geladen hett, truge. Und da der ritter den kranch on den diech sahe, ihn frembd nam; bald den koch ruffet und ihn fraget, was das ander diech hien kummenen were. Der lugenhaft Venediger schnelI antwort und sprach: "Wist 1hr nicht, herr, das die krench nur ein diech und ein bein haben?" Der herr ime mit zorn antwort: "Sie haben den teufel. lch mein, du wenest, ich hab vor nie keln kranch gesehen".Der koch sprach: "Fürwar, herr, es ist ihme also, wie ich sage. Und wann irs nicht glauben wult, so will ich es euch sehen lassen, das lhm also ist.' Der herr umb der gest willen niht weiter fraget, dann allein sprach: "Seitimal du dich embotten hast, mich solches zu sehen lassen , so will ich es also gern sehen als mein lebtag ye ein ding. Doch wiss, wa dem nit also sein würt, ich dich an den nechsten baum will hencken lassen."

Und als es morgens tag ward, der herr, dem der zorn noch nicht verrochen was, die pferd sattlen schuff und sampt dem koch auff zu ross sass, an ein wasser ritten, da die kranch gern ihr wonung hetten. Und als sie ein weyl geritten waren, der herr sprach: "Wolan, wir wollen bald seben, ob ich oder du gelogen haben." Da Clphibio, der koch, vernam, das seins herren zorn noch nicht nachgelassen hett, ihm gedacht, wie er yetz mit liegen ein grosse prob thun must, mit gossen sorgen nahent belm herren ritt und, hett er gemocht, er gern entrunnen were. Dann er besorgt, kem sein liegen an tag, der herr ine an den nechsten baum hencken mocht; yetzund für sich, yetzund neben sich, dann hindersich sahe; alles, das er sahe, ihn kranch dauchten auff zwey beinen.

Unnd in solchem ihrem reiten ihme ehe dann dem herren oder niemants anders bey zwolff kranchen bey dem wasser zu gesicht kamen, die da ruweten und alle yeglicher auff eim bain stunden, als dann ihr natur und gewonhelt ist, wann sie schlaffen oder ruwen. Die er bald dem herren zeiget und sprach: "Nempt war, herr, ob ihr yetzund mit der warheit vernemmen und sichtbtbarlich sehen mogt, als ich euch nechten sagt, das es war unnd nicht erlogen ist, das die kranch nicht mehr dann ein bein haben! Haben sie dann nur ein bain, wie künden sie dann zwey diecher haben, als ihr nechtin sagten und hapt mich vor ehrlichen leuten darumb beschempt und vor gott und der welt unrecht thon.' ther dise wort der herr ime antwort und sprach; 'Nun hab ein klein gedult! Ich will dich bald sehen lassen, ob sie ein bein oder zwey haben, nach dem dich mit meiner handt hencken.' Mit disen worten sich zu den kranchen nehenet, anhub zu schreyen, die arm auffwarff und sprach : 'Hu ha hu!' Die kranch von des herren geschrey wegen das ander bein auch herfür zogen und nach etlichen schritten ihren weg flogen. Der herr aller foll zorn sich gegen Ciphibio keret und zu ihme sprach: 'Wie dunckt dich? Haben sie ein bain oder zwey?' Ciphibio aller erschrocken nicht wust, wa er was oder was er sagen solt, doch sich bald eines lists erdacht, dem herren antwort gab und sprach: ja, herr, es ist war, als ihr redt. Aber nechten schreyen ihr nicht zum kranch : Hu ha hu ha. Hetten ihr aber auch also geschrauwen, so hette er das ander bain anch berfür gezogen, wie dann dise gethon haben.'

Dem herren des kochs einfeltige antwort in sollicher mass gefiel, das er allen zorn fallen lies; den inn grosses lachen und freud keret, zu Ciphibio sprach: 'Du hast recht und ich unrecht. Ich solt es gethon haben.' Also entranne der koch mit seiner schnellen antwort grrosser sorg und bebielt dabey seins herren gunst.