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„Und ich gehe unbedingt, das spüre ich, einem neuen Ausdruck entgegen. Die Klänge werden hier ein geradezu tierisch unmittelbarer Ausdruck sinnlicher und seelischer Bewegungen.“ Was Arnold Schönberg hier zu seinem Pierrot lunaire auf einen Text von Albert Giraud formulierte, trifft den Nerv der Zeit: ein Aufbruch aus festgefahrenen Konventionen eines Bildungsbürgertums, das unter dem Einfluss krisenhafter gesellschaftlicher Auflösungserscheinungen des Fin de siècle zwischen Fortschrittsgläubigkeit und Endzeitstimmung schwankt. Avantgardebewegungen formieren sich, die in ihrer Rebellion gegen etablierte Lebens- und Kulturformen den Bruch mit den herrschenden ästhetischen Normen vollziehen. Ihre Wurzeln haben sie in der Kunstreligion der Romantik, die mit dem Niedergang der Metaphysik religiöse Funktionen übernommen hat. Die von der Kunst verheissene Erfüllung bietet nach dem „Tod Gottes“ (Nietzsche) die Illusion, einer unerträglich gewordenen Realität zu entfliehen. Tendenzen der Entgrenzung und mystisch-esoterische Züge finden sich in allen Künsten, die der Sehnsucht nach Transzendenz, utopischen Phantasien und traumgleichen Imaginationen Raum geben. Ironisch gebrochenes Pathos wie ein übersteigerter Ästhetizismus kennzeichnen Strömungen wie den Impressionismus und Expressionismus, Symbolismus und Surrealismus, Jugendstil oder Japonismus. Mit Dichtern wie Baudelaire, Mallarmé, Verlaine und später auch Musil, Joyce, Maeterlinck, Hofmannsthal und Rilke nimmt die Musik und mit ihr die klangliche Materialität von Sprache einen wichtigen Platz in der literarischen Produktion ein. Komponisten wie Satie, Debussy oder Ravel in Paris, Mahler, Schönberg oder Berg in Wien vertonten diese Texte, wobei Poesie und Musik zu einer synästhetisch erfahrbaren Epiphanie des „Weltgeheimnisses“ verschmelzen.
Diese Beeinflussungen von Musik und Literatur am Beginn der Moderne aufzuzeigen, wird Gegenstand des Seminars sein, in welchem neben theoretischen und literarischen Texten auch musikalische Werke untersucht und miteinander in Beziehung gesetzt werden.
Wann: Mi 16:15 - 18:00
Wo: FLO-G-220
Modul BA | 832a* Forschungsseminar AVL-MS (6 ECTS, NF 15, P *benotet)) 832b* Forschungsseminar AVL-MS (9 ECTS,(2-sem.) NF 30, P *benotet) 832c* Kolloquium AVL-MS (4 ECTS, NF 30, P *benotet) |