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Unter dem Stichwort der „Materialästhetik“ versammeln neuere und neueste Theorieansätze der Künste – und insbesondere der sog. ‚angewandten Künste’ – historische und aktuelle Konzepte, bei denen das „Material“ oder der „Stoff“ des Kunstwerks als ursächlich an der ästhetischen Qualität des Kunstwerks beteiligt angesehen wird. Unter „Materialästhetik“ versteht man also geläufigerweise eine Gegenbewegung zur idealistischen Ästhetik Kants oder auch Hegels, bei denen der materielle Träger von Kunst tendenziell ein ästhetisch Auszublendendes oder ein ideell zu Überwindendes darstellt. Im Bereich des Literarischen nun gibt es einerseits diesbezügliche Beiträge zur Ästhetik auszuwerten: von J.W. Goethe über G. Büchner bis zu R. M. Rilke; und andererseits gilt es, die der Literatur eigenen materialästhetischen Ansätze analytisch zu erschliessen. Bei diesen letzteren wird das Seminar einen Fokus haben: „Das Wort, meine Herren,“ so formuliert es Hugo Ball 1916, „das Wort ist eine öffentliche Angelegenheit ersten Ranges“. Das „Wort“ als „Material“ rückt damit in den Mittelpunkt eines literarischen Interesses, das zwar einen zentralen Punkt der künstlerischen „Avantgarde“ im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts bezeichnet, doch keineswegs auf diese zu beschränken ist. Die Rede vom sprachlichen „Material“ ist bis heute überaus geläufig in literaturtheoretischen Vorschlägen, die auf im weiteren Sinne formalistischen, poetisch-funktionalen, (post)strukturalistischen oder posthermeneutischen Konzepten aufbauen; dabei ist allerdings zu bedenken, dass das „Material“ im textuellen Zusammenhang, anders als in demjenigen anderer Künste, primär stets einmal als Metapher – und das tut seinem heuristischen Wert keineswegs Abbruch! – zu betrachten wäre, eine Metapher für dasjenige nämlich, was uns im Text vorrangig als „Figur“ begegnet. Hier soll im Seminar weitergedacht werden: Welches sind erfolgversprechende und deshalb weiter zu entwickelnde Konzepte literaturwissenschaftlicher „Material“-Lektüren? Gelingt es uns vielleicht, aus der Perspektive postformalistisch bzw. transfigurativ informierter Lektüren neue Vorschläge zum textuellen „Material“-Begriff zu gewinnen?
Das Seminar wird voraussichtlich drei Schwerpunkte setzen: 1. Historische Materialästhetiken (etwa: Goethe, Vischer, Semper, Benjamin). 2. Literarische Materialästhetiken (etwa: Rimbaud, Rilke, Apollinaire, Ball, Schwitters, Tsara, Serner) 3. Literaturtheorie und Materialästhetik (etwa: Jakobson, Barthes, Derrida, wir). Eine Teilnahme an der Vorbesprechung ist erwünscht. Das genauere Programm wird wie immer vor Semesterbeginn auf tEXtMACHINA ins Netz gestellt werden.
Vorbesprechung: 19. Juni 2007, 12:15-13:00, Raum SOE-E-2
Wann: Di 10:15-12:00 / Beginn: 18.09.2007
Wo: s. Online-VVZ