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Romanisches Seminar AVL

Transaktualität

Transaktalität. Ästhetische Dauerhaftigkeit und Flüchtigkeit. Tagung an der Universität Zürich vom 11. bis 13. Juni 2015 mit Beiträgen aus der Kunst-, Literatur-, Musik- und Theaterwissenschaft sowie aus der Philosophie.

Tagung an der Universität Zürich

Der Wunsch, Kunst möge die Zeit ihrer Herstellung überdauern, ist so alt wie die Kunst selbst. Gleichzeitig sind Kunstwerke der Zeit ausgesetzt: Sie zerfallen, zersetzen sich, werden wertlos, zerstört, vergessen. Umgekehrt kommt es vor, dass Artefakte überhaupt erst mit Verspätung als Kunstwerke angesehen werden. Welche Gesetzmäßigkeiten sind hier wirksam? Wer bestimmt darüber, ob ein Kunstwerk oder eine künstlerische Produktion von Dauer ist? Welche Selektionsmuster beginnen in der Rezeptionsgeschichte zu greifen? Und wie unterscheiden sich diese Muster zwischen den Künsten – in der bildenden Kunst, der Literatur, der Musik oder im Theater und der Performancekunst, wo die Flüchtigkeit der Aufführung Teil der künstlerischen Praxis ist? Wird die Flüchtigkeit der Aufführung kompensiert durch eine andere Art von Dauerhaftigkeit, die im anschließenden Diskurs oder in verschiedenen Formen der Dokumentation Unterschlupf findet? Oder ist es überhaupt fragwürdig, Dauerhaftigkeit explizit oder implizit als Kriterium zur Beurteilung der Qualität eines Kunstwerks oder einer künstlerischen Produktion zu nehmen?

Im Zentrum der Zürcher Tagung vom 11. bis 13. Juni 2015 steht das prinzipiell spannungsvolle Verhältnis von Dauerhaftigkeit und Flüchtigkeit in den Künsten. Spannungsvoll deshalb, weil auch Kunst, die als dauerhaft gilt, auf Rezeptionsprozesse angewiesen ist, deren Dauer wiederum nicht garantiert werden kann. Umgekehrt sind auch ganz flüchtige Ereignisse etwa während einer besonders gelungenen musikalischen Improvisation spätestens in dem Moment mit Dauer versehen, in dem man über das Ereignis zu berichten beginnt. Mit dem Begriff der Transaktualität sollen genau diese Spannungsmomente in den Fokus der Auseinandersetzung treten.

Der Begriff der Transaktualität soll deutlich machen, dass für künstlerische Produkte und Produktionen weder sinnvoll von einer ontologisch garantierten Dauerhaftigkeit ausgegangen werden kann noch davon, dass sie als schlechthin flüchtig gelten können. Als Arbeitshypothese liegt dem heuristisch verstandenen Begriff der Transaktualität die Annahme zugrunde, dass für das Zustandekommen von Kunst auf der Ebene sowohl der Produktion als auch der Rezeption von Interaktionsmomenten auszugehen ist, die über die jeweils aktuelle Interaktion hinausweisen. Die transaktuelle Dimension dieses ›Hinausweisens‹ bedarf allerdings sowohl weiterer begrifflicher und methodologischer Klärung als auch weiterer Spezifizierung im Hinblick auf die im Einzelfall wirksamen Bedingungen und Realisierungsoptionen. Die Tagung soll dazu dienen, den Prozess einer solchen Klärung und Spezifizierung voranzubringen. Vier Bereiche sollen dabei besonders berücksichtigt werden:

Historizität und Systematik: Wie hat sich der Diskurs über Dauerhaftigkeit/Flüchtigkeit der Kunst historisch formiert bzw. verwandelt, und welche Vorannahmen, Prägungen, Konjunkturen und Präferenzen waren für die einzelnen Momente leitend? Wie lässt sich – heutzutage – das Verhältnis von Dauerhaftigkeit und Flüchtigkeit in den Künsten theoretisch auf eine Weise systematisieren, die der Vielfalt an faktisch vorliegenden bzw. historisch belegten Phänomenen Rechnung tragen kann? Welche Ebenen – z.B. Kunst- und Werkbegriff versus künstlerische Artikulationsform – müssen dazu gegebenenfalls unterschieden bzw. in Frage gestellt werden?

Materialität und Medialität: Welche Rolle spielen in den jeweiligen Künsten die Trägermaterialien (Stoff, Farbe, Ton, Wachs, Papier, Druckschwärze etc.) sowie die involvierten Körper für die spezifische zeitliche Qualität der realisierten Werke bzw. Prozesse (Dauerhaftigkeit, Spontaneität, Zerfall etc.)? In welchem Bezug steht diese Qualität zur Verwendung medienspezifischer Codes, Artikulationsformen und Kompositionsprinzipien (Sprache, Aufzeichnungstechniken, Notationssysteme etc.)?

Rezeption und Interpretation: In welcher Weise arbeitet die Rezeption an der Verdauerung (oder auch der Verflüchtigung bzw. Transformation) eines Kunstwerks bzw. eines künstlerischen Prozesses mit? Welche Art von Zeitlichkeit implizieren die unterschiedlichen Rezeptions- und Interpretationsformen (Latenz, Verspätung, Wiederentdeckung, Musealisierung, Kanonisierung, Institutionalisierung, Politisierung etc.)?

Immanenz und Dialogizität: In welcher Weise wird Dauerhaftigkeit/Flüchtigkeit in den Kunstwerken bzw. in künstlerischen Prozessen selbst thematisiert, exponiert, reflektiert etc.? Inwiefern greifen künstlerische Artikulationsweisen in die Struktur möglicher Rezeptionsweisen ein, steuern bzw. antizipieren diese und arbeiten somit am spezifischen Verlaufspotenzial ihrer ‚eigenen‘ Dialogizität mit?

Flyer & Programm (PDF, 432 KB)

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